"Hallo, mein Name ist Rheuma und ich bin eine (meist) unsichtbare, chronische Krankheit, ich bin eine Autoimmunerkrankung.
Ich habe mich nicht nur für den Rest deines Lebens an dich geheftet, du wurdest sogar schon mit mir geboren, zumindest schlummerte ich leise in Deinem Körper. Die anderen um dich herum können mich nicht sehen oder hören, aber DEIN Körper spürt mich. Ich kann dich überall und wann immer es mir gefällt, attackieren. Ich kann dir unendlich Schmerzen zufügen oder wenn ich guter Laune bin, lasse ich es dich nur wissen, daß ich da bin. Kannst du dich noch daran erinnern, wenn du Energie hattest, und du nur so zum Spaß herumgetobt bist? Ich habe diese Energie von dir genommen und habe es durch Ermüdung ersetzt. Ich habe dir auch den guten Schlaf genommen und sorge dafür, daß du manche Nächte zum qualvollen Tag machst. Ich kann dich innerlich zerreißen. Die Symptome, die ich verursachen kann - plötzlich und wann immer ich will - werden dich so aus der Bahn werfen daß du manchmal nicht mal mehr weißt, ob dir warm oder kalt ist, oder was genau weh tut. Ach ja, ich kann dich auch ängstlich oder depressiv machen. Dein Nervenkostüm kann ich so dünn wie einen Hauch von nichts machen. Apropos "Hauch von nichts" - ich kann sogar dein soziales Leben mitbestimmen, so daß viele Leute in deiner Umgebung denken, "sie hat doch nichts". Denn auch auf etwas was du geplant hast, oder worauf du dich freust, kann ich dir nehmen. Du wirst absagen wollen und müssen. Das Verständnis dafür wird bei jedem deiner sozialen Kontakte sinken. In so manche Planungen wirst du schon gar nicht mehr mit einbezogen. Du hast dich mich nicht ausgesucht. Ich habe dich ausgesucht, aus verschiedenen Gründen. Keiner weiß warum. Nur ich. Alle Forscher tappen im Dunkeln. Immer wieder wird dich die Frage quälen, woher ich komme und warum ich dich ausgewählt habe.
Na, so oder so. Hier bin ich nun, und hier bleibe ich.
Ich habe gehört daß du einen Doktor aufsuchst, der mich von dir trennen möchte. Ich krümme mich vor Lachen! Probier es doch! Du mußt noch zu vielen Ärzten gehen, bevor du einen findest, der dich ernst nimmt und dir vielleicht Linderung bringen kann. Du wirst tonnenweise Schmerztabletten bekommen. Man wird dich mit fiesen Untersuchungen quälen. Du wirst mehr Zeit mit und bei Ärzten verbringen als dir lieb ist. Während andere in deinem Alter viele schöne Dinge tun, worauf sie Lust haben. Es wird nicht lange dauern, da wirst du dich fragen was jetzt besser war. Die Schmerzen oder die Nebenwirkungen durch die vielen Medikamente, in die du so viel Hoffnung setzt. Du wirst müde sein. Abgeschlagen. Dein Kopf ist willig, dein Körper aber nicht. Immer wieder werde ich dir deine Grenzen aufweisen. Mal früher und mal später. Die Schmerzen wirst du nahezu überall haben. Immer mal woanders. Du wirst merken, daß du Not gegen Elend getauscht hast. Schmerzen hältst du aber lieber stillschweigend aus. Keiner wird dich verstehen. Du Simulantin, werden einige denken. Denn immer findest du was neues, was dich quält. Hinzu kommt daß die Medikamente deine Nieren oder Leber zerstören könnten. Du wirst krank sein. Immer häufiger. Immer länger. Es wird dich zermürben. Du wirst an dir selber zweifeln. Denn du weißt wie komisch es scheinen muss, wenn es dir den einen Tag gut geht und den nächsten nicht mehr.
Deine Blutwerte werden immer wieder Mängel aufweisen. Dein Umfeld beobachtet dies schon lange skeptisch. Du musst lernen dich selbst zu spritzen oder ähnliches, willst mich bekämpfen, aber ich bleibe hartnäckig, so leicht wirst du mich nicht los.
Man wird dir sagen, dass du an Angstzuständen und Depressionen leidest. Oder hast du geglaubt, ich ziehe spurlos an deiner Psyche vorbei? Wäre doch gelacht. Die zermürbe ich im Vorbeiziehen. Nach und nach.
Ob es einfach das schlechte Gewissen ist, welches ich dir mache. Dein Ansehen wird leiden. Im Job bist du nicht mehr 100% planbar und vielleicht einfach eine Last für Kollegen und Arbeitgeber. Aber wer sagt dir das schon ins Gesicht? Die Angst, Job, Familie und Freunde zu verlieren oder zu enttäuschen machen dich fertig.
Dann ist da irgendwann schon die Furcht, überhaupt etwas zu planen. Spontan etwas machen geht aber auch oft nicht. Dein Leben? Gesteckte Ziele werde ich immer wieder zu verhindern wissen oder zumindest verschieben. Darunter wirst du leiden. Immer wirst du im Hinterkopf haben, daß dich der Schmerz lähmen wird.
Langfristig planen wirst du nichts mehr wollen und wenn doch, so werde ich dir die Vorfreude schon zu nehmen wissen. Alles ist Stress für dich. Aber Stress kannst du gar nicht ertragen. Unter Stress blühe ich allerdings so richtig auf. Und ich kann dir auch Geldsorgen bereiten. Oder meinst du, daß du dauerhaft mit mir an deiner Seite Vollzeit arbeiten kannst oder sogar einen Nebenjob annehmen wirst?
Am Anfang werden viele vielleicht noch Verständnis für alles haben. Aber das wird abnehmen. Deutlich. Du wirst hören, dass du nur besser schlafen und die richtige Ernährung brauchst. Dann würde ich verschwinden. Daß du einfach positiv denken musst. Daß du dich ausruhen musst und an dich denken sollst. Kraft sammeln.
Aber glaube nicht, daß die Menschen die dir diese Tipps geben, es dann auch verstehen, wenn du es so machst. Man wird an dir herumprobieren und alles versuchen, aber am allerwenigstens wird man dich ernst nehmen, wenn du mit Tränen in den Augen dem Doktor sagst, wie behindernd ich eigentlich für dich jeden Tag bin.
Deine Familie, Freunde und Arbeitskollegen werden dir so lange zu hören, bis sie es satt haben zu hören, wie du dich meinetwegen fühlst und das ich eine behindernde Krankheit bin. Andere werden einfach hinter deinem Rücken reden, nicht beachtend, dass du dabei dein Selbstwertgefühl verlierst.
Der einzige Ort, an dem du Verständnis und Unterstützung finden wirst, ist mit anderen Leuten, die auch unter Rheuma leiden."